Presseartikel zum Thema: Bedburg-Hau wird zum "sicheren Hafen"

RP-Redakteur Ludwig Krause berichtet in der Grenzlandpost über die Entscheidung des Gemeinderats, Bedburg-Hau zu einem "sicheren Hafen" zu machen.

Bedburg-Haus Rat hat beschlossen, dass die Gemeinde ein „Sicherer Hafen“ werden soll. Damit setzt man ein Zeichen für Geflüchtete und zeigt sich bereit, mehr aufzunehmen. Treibende Kraft im Ort ist der Ausländer-Initiativ-Kreis.

Die Entscheidung in der jüngsten Ratssitzung fiel einstimmig: Bedburg-Hau soll sicherer Hafen werden. Damit tritt die Gemeinde dem Aktionsbündnis „Seebrücke“ bei – und setzt ein Zeichen für Geflüchtete. Denn mit dem Beitritt erklärt sich Bedburg-Hau unter anderem dazu bereit, bei Bedarf mehr Menschen aufzunehmen, als es ein Verteilerschlüssel vorgeben würde. „Ich bin froh, dass wir das beschlossen haben – und sehr sicher, dass wir das auch hinbekommen“, sagt Bürgermeister Stephan Reinders. Mehr als 220 solcher sicherer Häfen gibt es in Deutschland – auch in Goch wird ein Beitritt zum Bündnis gerade diskutiert. Der Schritt soll in Bedburg-Hau mehr als nur Symbolpolitik sein. Und er wird vor Ort mit Leben gefüllt. Von Menschen, die sich engagieren und organisieren, etwa im Ausländer-Initiativ-Kreis (AIK) der katholischen Kirchengemeinde Heiliger Johannes der Täufer. „Das sind Menschen, die sich für Betreuung und Teilhabe einsetzen. Ohne sie könnten wir das in der Form nicht leisten“, sagt Stephan Reinders.

Den Antrag, dass Bedburg-Hau sicherer Hafen wird, hatte der AIK schon unter Peter Driessen gestellt. Dann allerdings war es zu einigen Monaten Verzögerung gekommen. Jetzt aber zählt das Ergebnis – und einen längeren Atem hat der Initiativkreis schon häufiger bewiesen. Seit 1993 engagieren sich die Mitglieder für Flüchtlinge im Gemeindegebiet. Damals waren Flüchtlinge aus Bosnien in der Mehrzweckhalle Till gelandet. Im Pfarrheim beschlossen einige Männer und Frauen, helfen zu wollen, erinnert sich Annegret Ries, die heute Teil des Leitungsteams im AIK ist. Etwa zehn Ehrenamtliche fanden sich damals zusammen. Betreuten, begleiteten und besuchten die Familien, besorgten Wohnungen über Bürgschaften.

Im Laufe der Jahre wurde es wieder ruhiger um den Initiativkreis. Mit dem Beginn der Flüchtlingskrise 2015 entflammte aber neues Leben in der Gemeinde, rund 60 Mitglieder zählte der AIK plötzlich. Mittlerweile hat es sich bei ungefähr 30 Aktiven eingependelt, sagt Gerd Timmer, Sprecher des Leitungsteams. Ein großer Unterschied zwischen den 90ern und heute sei, dass damals alle alles gemacht hätten, sagt Annegret Ries. Heute bringen die Menschen verstärkt ihre ganz eigenen Talente ein. Es gibt Sprachkurse, ein Gartenprojekt, eine Nähstube und eine Fahrradwerkstatt. Es werden Ausflüge unternommen, etwa zum Weihnachtszirkus oder ins Maislabyrinth. „Das sorgt für glänzende Augen, bei Kindern und Erwachsenen“, sagt Ries.

In den vergangenen Jahren gab es kleine und große Erfolge. Etwa, als es der AIK schaffte, eine Familie, die auf der Flucht getrennt wurde, wieder zusammenzuführen. Zwei Jahre habe man gebraucht, um die verloren geglaubten Familienmitglieder zu finden – und weitere zwei, um sie zusammenzuführen. Mittlerweile hat Bedburg-Hau mit Gertraud Gleichmann auch eine Integrationsbeauftragte.

Unter anderem die Bilder aus dem Flüchtlingslager Moria haben den AIK im März vergangenen Jahres dazu bewegt, sich dafür einzusetzen, dass Bedburg-Hau ein sicherer Hafen wird. Dafür warben die Mitglieder etwa stundenlang mit Plakaten in der winterlichen Kälte, um das Gespräch mit den Mitbürgern zu suchen, wie Hans-Gerd-Perau (CDU) in der jüngsten Ratssitzung erinnerte. „Das haben wir für die Menschen gemacht, die auf Lesbos in den Lagern sitzen“, sagt Gerd Timmer. Ein paar Stunden in Bedburg-Hau zu informieren, sei da doch eher ein Witz gegen. „Dann war es halt mal kalt.“

Auch in Zukunft wird sich der AIK weiter um ein gutes Miteinander in Bedburg-Hau einsetzen. Schon würden viele Flüchtlinge in Wohnungen leben und nicht mehr in Gemeinschaftsunterkünften – es könnten aber noch mehr sein, wenn es mehr Wohnraum geben würde, sagt Annegret Ries. Außerdem wünsche man sich in Zukunft Ehrenamtliche, die Geflüchtete als Paten bei der Ausbildung begleiten. „Wir bemühen uns auch um schnelles Internet in den Gemeinschaftsunterkünften“, sagt Timmer. Vor allem mit Blick auf das pandemiebedingte Homeschooling. Die Mittel dafür sind im Haushaltsplan für 2021 schon eingestellt. „Nach dem Ende der Pandemie würden wir uns außerdem über Lesepaten freuen. Also Frauen und Männer, die den Kindern mit Migrationshintergrund einmal pro Woche vorlesen und sie so mit Geduld und Humor für das Lesen begeistern.“

Durch das Engagement wolle der AIK dazu beitragen, dass sich die Geflüchteten gut in die Gesellschaft integrieren. Auf diesem Weg sei es das Ziel, sie zu unterstützen und zu begleiten und ihnen so Hilfe zur Selbsthilfe zu ermöglichen, heißt es auf der eigenen Internetseite. Dort findet man auch weitere Informationen und Kontaktmöglichkeiten: www.aik-bedburg-hau.de

 

 

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